Wir sind unser wichtigstes Werkzeug – und die wenigsten von uns pflegen es.
- Maria Luis

- vor 2 Tagen
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Es gibt eine alte Fabel, die mehr über unsere Arbeitswelt aussagt als viele Fachbücher.
Ein junger Holzfäller fällt Tag für Tag Bäume. Anfangs geht alles schnell. Doch nach einigen Tagen wird jeder Schlag schwerer. Die Axt gleitet nicht mehr durchs Holz.
Sie ist stumpf geworden.
Er merkt es – und macht weiter.
Er „hat keine Zeit“, sie zu schärfen.
Er muss funktionieren. Leistung bringen. Vorankommen.
Ein älterer Holzfäller sagt zu ihm:
„Du wirst jeden Tag mehr Kraft verlieren, solange du deine Axt nicht schärfst.“
Der Satz wirkt banal – und trifft doch mitten ins Zentrum unserer professionellen Realität.
Denn die Axt des Holzfällers: Das sind wir.
Unsere Wahrnehmung.
Unsere Haltung.
Unsere innere Stabilität.
Unsere Beziehungsgestaltung.
Unser Nervensystem.
Unsere Fähigkeit zu führen, zu begleiten, Verantwortung zu tragen.
In Care-Berufen, in der Führung, in Beratung oder Therapie wirken wir nicht über Tools.
Wir wirken über uns selbst.
Und genau dieses Werkzeug ist permanent im Einsatz – oft unter komplexen Bedingungen, mit hoher Taktung und emotionaler Dichte.
Wir alle kennen Momente, in denen die Axt stumpf wird:
Wenn Konflikte größer wirken als sie sind.
Wenn Rollen verschwimmen.
Wenn Grenzen unklar werden.
Wenn die eigene Haltung brüchig wird.
Wenn wir funktionieren, aber nicht mehr präsent sind.
Wenn wir merken, dass wir zwar arbeiten – aber nicht mehr wirksam sind.
Die Frage ist nicht, ob das passiert.
Die Frage ist, wo wir den Raum finden, unsere Axt wieder scharf zu machen.
Supervision kann so ein Raum sein.
Ein Ort, an dem nicht die Leistung im Vordergrund steht, sondern die Person, die sie erbringt.
Ein Raum, in dem wir erkennen können, was uns trägt – und was uns ermüdet.
Ein Raum für Rollenklärung, Beziehungsgestaltung, Haltung, Grenzen, Dynamiken und professionelle Identität.
Supervision ist nicht das „Warum“ hinter Problemen.
Sie ist das „Wie weiter?“
Ein Innehalten, das wieder handlungsfähig macht.
Und vor allem:
Sie erinnert uns daran, dass Wirksamkeit nicht aus Anstrengung entsteht, sondern aus Klarheit.
Ich erlebe in meiner Arbeit als Supervisorin immer wieder denselben Moment:
Wenn Menschen zum ersten Mal spüren, wie sich ein geschärftes inneres Werkzeug anfühlt, verändert sich nicht nur ihr Arbeiten –sondern ihr gesamtes professionelles Selbstverständnis.
Vielleicht ist das die wichtigste Erkenntnis der Fabel:
Wer erkennt, dass er selbst sein wichtigstes Werkzeug ist, wird anders arbeiten.
Bewusster.
Präsenter.
Nachhaltiger.
Mit weniger Kraftverlust – und mehr Wirkung.
Was würde sich in eurem Arbeitsalltag verändern, wenn ihr euch erlauben würdet, euer wichtigstes Werkzeug – euch selbst – regelmäßig zu schärfen?
Welche Erfahrungen hast Du damit bereits gemacht?




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